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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Urteil verkündet am 01.07.2009
Aktenzeichen: 1 U 20/08
Rechtsgebiete: VOB/B, ZPO


Vorschriften:

VOB/B § 2 Abs. 1 Nr. 6
VOB/B § 2 Abs. 2 S. 2 Nr. 8
VOB/B § 2 Abs. 3 Nr. 8
ZPO § 101 Abs. 1
1. Zu den Voraussetzungen, unter denen beim VOB-Bauvertrag die Vergütung von Leistungen aus Nachträgen und von Stundenlohnarbeiten verlangt werden kann.

2. Ein Beitritt als Streithelfer nach Schluss der mündlichen Verhandlung ist nicht rechtsmissbräuchlich, wenn das Gericht in prozessual unzulässiger Weise beiden Seiten Gelegenheit zu weiterem Sachvortrag gegeben hat, ohne in das schriftliche Verfahren überzugehen.


Tenor:

1. Auf die Berufung der Klägerin wird das am 04.01.2008 verkündete Urteil der 20. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main abgeändert.

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 5.938 € nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 21.11.2005 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. Die weitergehende Berufung der Klägerin wird zurückgewiesen.

2. Von den Kosten des Rechtsstreits 1. Instanz haben die Klägerin 78% und die Beklagte 22% zu tragen.

3. Auf die Berufung der Streithelferin der Beklagten wird das am 07.03.2008 verkündete Ergänzungsurteil der 20. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main abgeändert.

Die Klägerin hat von den Kosten des Rechtsstreits 1. Instanz auch 75% der Kosten der Streithelferin der Beklagten zu tragen.

Im Übrigen wird der Antrag der Streithelferin auf Urteilsergänzung abgewiesen. Die weitergehende Berufung der Streithelferin gegen das Ergänzungsurteil wird zurückgewiesen.

4. Von etwaigen zusätzlichen Kosten des Ergänzungsurteils 1. Instanz haben die Klägerin 75% und die Streithelferin der Beklagten 25% zu tragen.

5. Von den Kosten des Rechtsstreits 2. Instanz haben von den Gerichtskosten und den außergerichtlichen Kosten der Klägerin die Klägerin 75%, die Beklagte 24% und die Streithelferin der Beklagten als Berufungsklägerin bezüglich des Ergänzungsurteils 1% zu tragen. Von den außergerichtlichen Kosten der Beklagten hat die Klägerin 75%, von denen der Streithelferin 74% zu tragen; im Übrigen haben die Beteiligten ihre außergerichtlichen Kosten selbst zu tragen.

6. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

7. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Die Klägerin begehrt für das Gewerk Sanitär eine Restzahlung in Höhe von - nach Klagerücknahme in 1. Instanz vor der mündlichen Verhandlung im Umfang von 4.803,03 € - nunmehr 24.253,21 € brutto aus der Schlussrechnung mit Datum 05.04.2005. Diese lautet über - jetzt noch zugrunde gelegte - 624.658,16 € brutto; es ist ein Abschlag von 600.404,95 € brutto gezahlt. Die Beklagte hat Einwände gegen die Nachträge, welchen einen jetzt noch geltend gemachten Umfang von 66.109,43 € haben, und die Stundenlohnarbeiten im Umfang von 80.412,28 € erhoben. Wegen der Einzelheiten wird auf die tatbestandlichen Feststellungen des landgerichtlichen Urteils vom 04.01.2009 verwiesen.

Das Landgericht hat mit dem genannten Urteil die Klage abgewiesen; auch insoweit wird auf dessen Ausführungen verwiesen.

Das genannte Urteil enthielt keinen Ausspruch über eine Tragung der außergerichtlichen Kosten der Streithelferin der Beklagten. Dem Antrag der Streithelferin, das Urteil dahin zu ergänzen, dass die Klägerin auch die außergerichtlichen Kosten der Streithelferin zu tragen habe, hat das Landgericht mit Ergänzungsurteil vom 07.03.2008 abgelehnt.

Mit ihrer Berufung wendet sich die Klägerin gegen die Abweisung ihrer Klage. Sie macht geltend, es seien über die Nachträge vertragliche Vereinbarungen zustande gekommen. Jedenfalls stehe ihr eine entsprechende Vergütung gem. § 2 Nr. 6 Abs. 1 Satz 1 VOB/B bzw. gem. § 2 Nr. 8 Abs. 2 Satz 1 oder Satz 2 oder Abs. 3 VOB/B zu. Auch die Stundenlohnarbeiten seien in vollem Umfang angefallen, beauftragt und zu vergüten. Wegen der Einzelheiten wird auf ihren Schriftsatz vom 13.05.2008 verwiesen.

Die Klägerin beantragt,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 24.253,21 € nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 06.06.2005 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie ist der Auffassung, dass die Klägerin die tatbestandlichen Voraussetzungen für den geltend gemachten vertraglichen oder sonstigen Vergütungsanspruch nicht dargetan habe. Wegen der Einzelheiten wird auf ihren Schriftsatz vom 29.10.2008 verwiesen.

Gegen das Ergänzungsurteil wendet sich die Streithelferin der Beklagten mit ihrer Berufung. Sie ist der Auffassung, ein Beitritt zu dem Zeitpunkt, zu dem er erfolgt sei, sei entgegen der Annahme des Ergänzungsurteils nicht rechtsmissbräuchlich gewesen. Der Klägerin seien daher, soweit sie unterlegen ist, auch die außergerichtlichen Kosten der Streithelferin aufzuerlegen.

Die Streithelferin beantragt,

das Ergänzungsurteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 07.03.2008 - Az. 2-20 O 363/05 - abzuändern und der Klägerin auch die Kosten der Streithelferin aufzuerlegen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung der Streithelferin gegen das Ergänzungsurteil vom 07.03.2008 zurückzuweisen.

II.

Die zulässige Berufung der Klägerin hat nur zu einem geringen Teil Erfolg. Die zulässige Berufung der Streithelferin der Beklagten gegen das Ergänzungsurteil hat in dem Umfang Erfolg, wie der Klägerin - unter Berücksichtigung der vor der Streitverkündung erfolgten teilweisen Klagerücknahme - die Kosten des Rechtsstreit 1. Instanz aufzuerlegen sind.

A. Die Klägerin kann über den bereits im Wege des Abschlags erhaltenen erheblichen Betrag nur in einem geringen Umfang, wie er aus dem Tenor ersichtlich ist, und zu dem der Senat letztlich im Wege der Schätzung (§ 287 ZPO) gelangt ist, eine weitere Zahlung auf die Schlussrechnung verlangen.

1. Der Klägerin steht die offene Differenz zwischen den von der Beklagten geleisteten Abschlagszahlungen und der Summe der Schlussrechnung Sanitär, wie sie nunmehr von der Klägerin geltend gemacht wird, nur zu, wenn sämtliche in der Schlussrechnung enthaltene Positionen in voller Höhe anzuerkennen sind. Denn die Schlussrechnung bildet eine Einheit; die in ihr aufgeführten Positionen können nicht einzeln geltend gemacht werden, sondern nur der noch offene Saldo. Deshalb ist das Landgericht rechtlich konsequent vorgegangen, indem es drei der Nachträge - die Nachträge 14, 15 und 16 mit einem Gesamtbetrag von 25.926,17 €, also einem den Wert der Klageforderung übersteigenden Betrag - herausgegriffen und für diese Nachträge eine Zahlungspflicht verneint hat. Besteht aber im Rahmen der Schlussrechnung für einen Betrag in der genannten Höhe, welcher den Klagebetrag überschreitet, kein Anspruch der Klägerin gegen die Beklagte, dann bestand auch insgesamt kein Anspruch der Klägerin gegen die Beklagte in Höhe der Klageforderung. Auf weitergehende Erwägungen, ob in Höhe der übrigen Nachträge eine Zahlungspflicht besteht, und ebenso zu der Frage, ob die von der Beklagten bestrittenen Stundenlohnarbeiten (Pos. 3.19.) zu vergüten sind oder nicht, kam es damit für die Klageabweisung durch das Landgericht nicht an. Selbst wenn der Senat der Berufungsbegründung im Einzelnen folgen würde, dass bezüglich der drei genannten Nachträge aus unterschiedlicher rechtlicher Anknüpfung ein Anspruch bestehe, hätte dies nicht eine Teilstattgabe, sondern nur zur Folge, dass die weiteren streitigen Positionen darauf zu überprüfen wären, inwieweit diese zuzusprechen sind oder nicht. Um es zu wiederholen: Nur wenn von keiner der streitigen Positionen - 18 Nachträge und die Stundenlohnarbeiten in Pos. 3.19 mit einem Volumen von 80.412,28 € - etwas ab zuerkennen, sondern sämtliche streitigen Positionen in voller Höhe zuzusprechen waren, wäre der Klage in vollem Umfang stattzugeben.

2. Das Landgericht musste auch nicht gesondert darauf hinweisen, dass es in der beschriebenen Weise vorzugehen gedachte. Denn nach dem von ihm in der mündlichen Verhandlung vom 17.08.2007 (Bl. 191 d.A.) gegebenen Hinweis durfte es damit rechnen, dass die Klägerin ihren Sachvortrag zu den Nachträgen und den Stundenlohnarbeiten ergänzen würde; hierzu erhielt die Klägerin eine lange Schriftsatzfrist, da die rechtlichen und tatsächlichen Einzelheiten u.a. zu Nachträgen nur durch Zusammenstellung entsprechend detaillierter Informationen durch die unmittelbar am Bauvorhaben beteiligte Partei selbst erfolgen kann. Bemerkenswert und ungewöhnlich nach dem bis dahin erfolgten Sachvortrag der Klägerin war, dass diese mit Schriftsatz vom 15.11.2007 lediglich Nachtragsangebote , aber keinen einzigen zwischen den Parteien des Bauvertrags vereinbarten Nachtrag vorlegen konnte. Dies war aber eine rechtliche Situation, die für die Klägerin als am Rechtsverkehr im Bauwesen teilnehmende Partei ohne Weiteres erkennbar war; ihr musste entgegen den Erwägungen auf S. 10 der Berufungsbegründung auch klar sein, dass der Vergleichsvorschlag des Landgerichts aus der Güteverhandlung am 30.03.2007 (Bl. 144, 145 d.A.) auf Zahlung von 16.000 € - nicht: 19.000 € - auf die Klageforderung dem frühen Stadium des Rechtsstreits geschuldet war, in dem noch nicht absehbar war, welche rechtlichen und tatsächlichen Unterlagen zur Substantiierung ihrer Klageforderung die Klägerin würde vorlegen können; entgegen der Formulierung auf S. 10 Mitte der Berufungsbegründung lässt sich dem Vergleichsvorschlag aus dieser frühen Phase des Verfahrens nicht entnehmen, dass das Landgericht die Klage in Höhe des Vergleichsvorschlags "für begründet erachtet" hat.

3. Wer sich bei einem Einheitspreis-Bauvertrag - wie hier - mit zusätzlichen Leistungen außerhalb des ursprünglichen Leistungsverzeichnisses bewegt, muss die rechtlichen Voraussetzungen für Nachträge und Stundenlohnarbeiten darlegen und ggf. beweisen können. Die Rechtsprechung schützt - worauf im Einzelnen noch einzugehen sein wird - den Auftraggeber vor etwa zu weitgehenden Nachforderungen. Die Anforderungen an die Darlegung berechtigter Nachforderungen sind daher streng, und der jeweilige Auftragnehmer - hier die Klägerin - ist in einer beweismäßig wenig komfortablen Situation; aber die Anforderungen lassen sich durch ein ordnungsgemäßes Nachtragsmanagement, welches die rechtlichen Gegebenheiten berücksichtigt, bewältigen. Dass nähere Darlegungen zu den Stundenlohnarbeiten und zu den 18 Nachträgen erforderlich werden könnten, war der Klägerin spätestens seit dem Hinweis im vorprozessualen Schreiben der Rechtsanwältin C vom 21.11.2005 (Anl. B 10, Bl. 128 d.A.) bekannt. Dass jedenfalls die erforderlichen Unterlagen im Rahmen des zivilprozessualen Beibringungsgrundsatzes dem Gericht vorzulegen waren, sich also die Klägerin im Rahmen des Sachvortrags im vorliegenden Rechtsstreit insoweit nicht auf die Ansicht zurückziehen konnte, die Unterlagen seien der Beklagten oder der A GmbH - der laut Bauvertrag Sanitär für die Fachplanung und Bauüberwachung zuständigen Gesellschaft - bekannt, liegt prozessrechtlich auf der Hand; sollte dies auf Seiten der Klägerin anders eingeschätzt worden sein, ist dies zivilprozessual grob rechtsirrig.

4. Einen vertraglichen Anspruch auf die volle Summe der Nachträge oder der erheblichen zusätzlichen Stundenlohnarbeiten hat die Klägerin nicht. Zum einen hat die Klägerin nicht dargelegt, dass die streitgegenständlichen, von ihr erstellten Nachtragsangebote von der Beklagten angenommen worden wären mit der Konsequenz einer entsprechenden vertraglichen Vereinbarung. Zum anderen kann sie einen vertraglichen Anspruch entgegen ihrer Auffassung weder aus der Prüfung der Schlussrechnung durch die A noch aus der Bezahlung der Abschlagsrechnungen, in denen die Nachträge enthalten waren, noch aus der Prüfung der Massezusammenstellungen herleiten; es ist dem Verhalten der Beklagten kein rechtsgeschäftlich wirksames Anerkenntnis zu entnehmen.

a) Die Klägerin hat nicht hinreichend dargetan, dass die Beklagte auch nur eines der streitgegenständlichen Nachtragsangebote angenommen hätte. Schriftliche Unterlagen hierüber hat die Klägerin nicht vorgelegt; sie hat sich auf die Vorlage der jeweiligen Nachtragsangebote beschränkt. Ihre auf S. 16 der Berufungsbegründung wiederholte Behauptung, die Nachtragsleistungen seien "durch die Beklagte und ihre Erfüllungsgehilfin A GmbH ausdrücklich beauftragt", ist gänzlich unsubstantiiert. Dass die A als Bauüberwacher - wie noch auszuführen sein wird - entgegen den Gepflogenheiten ausnahmsweise bevollmächtigt gewesen wäre, rechtsgeschäftlich für die Beklagte tätig zu werden, hat die Klägerin nicht dargetan. Abgesehen davon hat die Klägerin selbst offenbar die A nicht als bevollmächtigt angesehen, Nachtragsangebote anzunehmen und damit die Beklagte rechtsgeschäftlich zu verpflichten. Denn nur so ist es zu erklären, dass sie die Nachtragsangebote mit dem jeweiligen Begleitschreiben an die A zwecks "Weiterleitung zur Beauftragung" übersandt hat. Wer ansonsten wie und für welchen Nachtrag für die Beklagte das jeweilige Nachtragsangebot angenommen haben sollte, ist nicht vorgetragen. Entgegen der Auffassung der Berufungsbegründung auf S. 16 f (Bl. 415 f d.A.) folgt allein aus dem Vorliegen der Nachtragsangebote bei der A nicht, dass eine Beweiserhebung durch Zeugeneinvernahme durch das Landgericht angezeigt gewesen wäre oder nunmehr durch das Oberlandesgericht zu erfolgen hätte. Denn "bewiesen" durch Beweisaufnahme können nur konkret von einer Partei behauptete Tatsachen, etwa wer wann eine Annahme welchen Nachtragsangebots erklärt hat. Da es hieran fehlt, wäre eine Beweisaufnahme ein geradezu klassischer Ausforschungsbeweis, mit dem der fehlende Sachvortrag der Klägerin erst herbeigeführt werden soll; eine solche Beweiserhebung ist unzulässig.

b) Ein vertraglicher Anspruch der Klägerin ergibt sich auch nicht aufgrund eines von der Beklagten abgegebenen oder ihr zurechenbaren Anerkenntnisses.

b.a) Grundsätzlich : Ein sog. deklaratorisches Anerkenntnis ist ein vertragliches kausales Anerkenntnis, welches voraussetzt, dass die Vertragsparteien das Schuldverhältnis ganz oder teilweise dem Streit oder der Ungewissheit der Parteien entziehen wollen und sich dahingehend einigen (st. Rspr. BGH). Es ist ein eindeutiges Verhalten des Auftraggebers erforderlich; es muss sich ergeben, dass er doch einverstanden ist (I/K-Keldungs, VOB, 16. Aufl. 2007, § 2 Nr. 8 VOB/B Rn. 22). Die erforderliche Einigung kann nur angenommen werden, wenn sich ein entsprechendes Angebot sowie dessen Annahme feststellen lassen (BGH, Urt. v. 11.01.2007 - VII ZR 165/05 -, NJW-RR 2007, 530 [juris Rn. 8]). Die Prüfung einer Rechnung, die Bezahlung einer Rechnung oder auch die Bezahlung nach Prüfung erlauben für sich genommen nicht, ein deklaratorisches Schuldanerkenntnis anzunehmen (BGH a.a.O., Rn. 9).Es muss also zusätzliche Anhaltspunkte geben, dass die Parteien sich im Sinne der Rechtsprechung zum Schuldanerkenntnis geeinigt hätten. Daran fehlt es hier. Im Einzelnen:

b.b) Ein solches schlüssiges Verhalten liegt nicht darin, dass der nicht besonders zur Abgabe von Anerkenntnissen bevollmächtigte Architekt oder Bauüberwacher einen Prüfvermerk gesetzt hat (vgl. BGH, Urt. v. 06.12.2001 - VII ZR 452/00 -, BauR 2002, 467 [juris Rn. 9]); denn mit der Prüfung der Baurechnung erfüllt der Architekt/Bauüberwacher nur eine Aufgabe, die ihm gegenüber dem Bauherrn obliegt; die dabei getroffenen Feststellungen wirken nicht zugunsten des Auftragnehmers (I/K-Keldungs, a.a.O., § 2 Nr. 8 VOB/B Rn. 23; Werner/Pastor, Bauprozess, 12. Aufl. 2008, Rn. 2032; BGH, Urt. v. 14.10.2004, - VII ZR 190/03 -, NJW-RR 2005, 246 [juris Rn. 18]). Der Prüfvermerk stellt als Wissenserklärung grundsätzlich nur den Nachweis für die durchgeführte rechnerische Prüfung und Feststellung der Einzelpositionen Mengen- und Einheitspreise) und des Gesamtergebnisses dar; dagegen kommt dem Prüfvermerk kein rechtsgeschäftlicher Erklärungswert zu (Werner/Pastor, a.a.O., Rn. 2030 mit zahlr. Nachw. aus der Rspr.). Dies gilt auch, wenn die Schlussrechnung mit dem Prüfvermerk anschließend dem Unternehmer zugesandt wird (BGH, Urt. v. 14.10.2005, a.a.O.; Hochstein BauR 1973, 333). Etwas Anderes gilt nur dann, wenn die besonderen Umstände des Einzelfalls (z.B. die Form und der Inhalt des Prüfvermerks, die Vorkorrespondenz usw.) ausnahmsweise darauf schließen lassen, dass die Parteien über die tatsächlichen Feststellungen hinaus rechtsgeschäftliche Erklärungen im Sinne eines kausalen Anerkenntnisses hatten abgeben wollen (Werner/Pastor, a.a.O., Rn. 2031 m.w.N.). Solche Besonderheiten sieht der Senat hier nicht.

b.c) Ein Anerkenntnis ist auch nicht aus den erfolgten Zahlungen auf die Abschlagsrechnungen herzuleiten. Bei den der Schlussrechnung vorangehenden Rechnungen der Klägerin, in welchen die streitgegenständlichen Nachträge enthalten waren, handelt es sich entgegen der missverständlichen Wortwahl auf S. 10 ff der Berufungsbegründung nicht um "Teilrechnungen" und erst recht nicht - so aber S. 13 des Schriftsatzes der Beklagten vom 15.11.2007 (Bl. 248 d.A.) - um Teilschlussrechnungen, sondern um schlichte Abschlagsrechnungen im Sinne des § 16 Nr. 1 VOB/B; es gab im Gewerk Sanitär nur eine einzige Teilschlussrechnung, nämlich diejenige für den 1. Bauabschnitt, und diese ist nicht in Streit.

Die Abschlagszahlung kann grundsätzlich nicht als Anerkenntnis des darauf bezogenen Prüfungsanspruchs des Auftragnehmers angesehen werden, solange die Schlussrechnung noch nicht vorliegt (I/K-Locher § 16 Nr. 1 VOB/B Rn. 52; Werner/Pastor, a.a.O., Rn 2041 m.w.N.). Denn die spätere endgültige Rechnungsprüfung kann wegen des vorläufigen Charakters der Abschlagsrechnung genauer vorgenommen werden und ein anderes Ergebnis erbringen (I/K-Locher a.a.O.). Die Abschlagsrechnung stellt grundsätzlich eine vorläufige Rechnung dar, sie stellt die erbrachten Leistungen noch nicht abschließend fest (Werner/Pastor, a.a.O., Rn. 2041). Auch eine Beweislastumkehr zugunsten des Auftragnehmers kann hieraus nicht gefolgert werden (Werner/Pastor, a.a.O., Rn 2041 m.w.N.). Die von der Klägerin auf S. 12 der Berufungsbegründung angeführte Rechtsauffassung, dass "grundsätzlich" auch ein Anerkenntnis stillschweigend durch Zahlung abgegeben werden könne, ist "grundsätzlich" zutreffend, aber hier in doppelter Weise rechtlich nicht einschlägig: Zum einen ist eine solche Annahme nicht mit der Tatsache vereinbar, dass es sich um die Zahlung auf Abschlagsrechnungen handelte und diese Zahlungen - wie ausgeführt - vorläufigen Charakter haben. Zum anderen fehlen zusätzliche Anhaltspunkte, dass die Beklagte sich durch die Zahlungen rechtlich binden wollte.

b.d) Aus der Kombination von Prüfvermerk und Abschlagszahlung können sich keine weiteren rechtlichen Konsequenzen ergeben als aus den beiden Geschehnissen allein.

b.e) Auch aus der Aufmassprüfung ergeben sich keine rechtsgeschäftlichen Konsequenzen. Eine Bindung an das Aufmassergebnis erfolgt nur in tatsächlicher Hinsicht bezüglich der gemeinsam festgestellten Massen; insoweit mag man dies rechtlich als deklaratorisches, besser: kausales Anerkenntnis bezeichnen (I/K-Locher, a.a.O., § 14 Nr. 2 VOB/B Rn 11) Nicht abgeschnitten durch ein solches gemeinsames Aufmass ist aber der Einwand,

- die betreffende Leistung sei durch eine andere Position mit umfasst

- sei nach der Vereinbarung nicht zu berechnen

- bei richtiger Vertragsauslegung anders zu berechnen

- sei überhaupt nicht vertraglich vereinbart.

Das Aufmass entfaltet keine Bindungswirkung hinsichtlich vertraglicher Abreden (Kniffka/Koeble, Kompendium des Baurechts, 3. Aufl. 2008, 5. Teil Rn. 163, 2. Abs.; BGH, Urt. v. 30.01.1992 - VII ZR 237/90 -, NJW-RR 1992, 727 [juris Rn. 8]); eine "Anordnung der Bauleitung" kann nicht die Prüfung ersparen, ob, in welchem Umfang und in welcher Art die angeordnete Leistung vertraglich geschuldet war (BGH, a.a.O.; OLG Karlsruhe, Urt. v. 28.12.2001 - 7 U 299/97 -, BauR 2003, 1244 [juris Rn. 129]). Selbst wenn Nachtragsaufträge durch erforderliche Planänderungen, die sich auf der Baustelle als notwendig erwiesen haben, veranlasst sind, sind die Aufträge schwebend unwirksam. Die Beklagte hat mit Schriftsatz vom 14.12.2007, S. 8 (Bl. 260 d.A.) eine nachträgliche Genehmigung vorsorglich versagt.

5. Die Klägerin kann sich zur Anspruchsbegründung für sämtliche Nachtragsleistungen nicht darauf stützen (so aber S. 7 f der Berufungsbegründung, Bl. 406 d.A.), eine Auslegung des Bauvertrags anhand des § 157 BGB ergebe, dass "die von der Klägerin notwendig ausgeführten Nachtragsleistungen bereits aufschiebend bedingt im Bauvertrag enthalten waren und daher auch ... ohne Anordnung der Beklagten wegen des objektiven Bedarfs für den Werkerfolg von der Klägerin vergütungspflichtig ausgeführt werden durften." Der Senat folgt dieser kühnen rechtlichen Erwägung nicht; sie ist in ihrer rechtlichen Unschärfe nicht vereinbar mit dem System insbesondere des § 2 Nr. 8 VOB/B.

6. Ein Anspruch der Klägerin auf Zahlung für einzelne oder alle Nachtragspositionen ergibt sich auch nicht aus § 2 Nr. 6 Abs. 1 Satz 1 VOB/B.

a) Die Klägerin hat nicht dargetan, dass bestimmte Zusatzleistungen von der Beklagten "gefordert" wurden. Voraussetzung hierfür wäre - dem Begriff nach identisch wie bei § 2 Nr. 5 VOB/B - eine inhaltlich eindeutige Aufforderung der Beklagten als Auftraggeberin gegenüber der Klägerin als Auftragnehmerin, eine modifizierte Leistung auszuführen, und zwar - in einer klassischen Formulierung des BGH - eine eindeutige Befolgung durch den Auftragnehmer heischende Aufforderung" (Kapellmann/Messerschmidt, VOB, Teil A und B, 2. Aufl. 2007, § 2 Rn. 190). Dabei können solche Zusatzarbeiten mit rechtsgeschäftlicher Bindung grundsätzlich nicht durch den Architekten vergeben werden, da seine Stellung - sofern er nicht ausnahmsweise insoweit ausdrücklich bevollmächtigt ist - nicht die Berechtigung umfasst, rechtsgeschäftliche Erklärungen abzugeben, die dem Bauherrn erhebliche Verpflichtungen auferlegen (BGH, Urt. v. 20.04.1978 - VII ZR 67/77 -, BauR 1978, 314 [juris Rnr. 34]; I/K-Keldungs, a.a.O., § 2 Nr. 6 VOB/B Rn. 6; Vygen/Joussen, BauvertragsR nach VOB und BGB, 4. Aufl. 2008, Rn. 2299).

b) Eine solche "Anordnung" im Sinne der genannten Vorschrift ergibt sich - entgegen S. 7 der Berufungsbegründung zu Nachtrag Nr. 16 - nicht aus einem Aufmaß; das Aufmaß hat, wie bereits ausgeführt, nicht einmal eine rechtsgeschäftliche Bedeutung.

c) Die Klägerin hat zu dem genannten Nachtrag auch nicht dargetan, inwiefern es sich, noch dazu für den gesamten Nachtrag, um eine "Anordnung" des "Vertreters der Beklagten", Herrn B, gehandelt habe (so S. 6 unten der Berufungsbegründung, Bl. 406 d.A.). Weder ist dargetan, aus welchen Anknüpfungstatsachen sich der Rechtsbegriff einer "Anordnung" im Sinne der genannten Vorschrift herleiten lassen soll. Allein aus der Tatsache, dass Herr B einen bestimmten Tagelohn-Nachweis unterzeichnet hat, lässt sich rechtlich eine solche "Anordnung" nicht herleiten. Denn die Bestätigung auf den Tagelohn-Nachweisen enthält lediglich die rein tatsächliche Erklärung durch den Unterzeichner, dass bestimmte Arbeiten erbracht worden sind, aber keinen rechtsgeschäftlichen Abschluss. Es kommt für den Nachtrag Nr. 16 hinzu, dass dieses Nachtragsangebot zum geringsten Teil, nämlich nur für die letzten vier, eher geringwertigen Positionen den Inhalt des von Herrn B unterzeichneten Tagelohn-Nachweises 1101 aufnimmt, aus dem die Berufungsbegründung auf S. 6 f (Bl. 405 f d.A.) eine "Anordnung" herleiten will.

d) Abgesehen davon hat die Klägerin in keiner Weise dargetan, dass Herr B "als Vertreter der Beklagten" bevollmächtigt gewesen sei zur Abgabe rechtsgeschäftlicher Erklärungen; hierfür wäre sie jedoch darlegungs- und beweispflichtig (Palandt-Heinrichs, BGB, 68. Aufl. 2009, § 164 Rn. 18).

e) Ebensowenig reicht es für einen Anspruch aus § 2 Nr. 6 Abs. 1 Satz 1 VOB/B - so aber der Vortrag auf S. 5 der Berufungsbegründung (Bl. 406 d.A.) zum Nachtrag Nr. 15 -, dass die Klägerin "auf Wunsch der Beklagten" Traversen angeboten habe; in einem solchen "Wunsch" liegt gerade keine "Forderung" einer bestimmten Zusatzleistung (vgl. Kapellmann/Messerschmidt, a.a.O.; BGH, Urt. v. 09.04.1992 - VII ZR 129/91 -, NJW-RR 1992, 1046 [juris Rnr. 7]). Abgesehen davon wäre der Sachvortrag hierzu, der erstmals in der Berufungsinstanz genauer auf die Umstände des Nachtrags aus Sicht der Klägerin eingeht und von der Beklagten bestritten wurde (s. S. 4 der Berufungserwiderung), gem. § 531 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 ZPO nicht zuzulassen, da nicht ersichtlich ist, weshalb er von der Klägerin, ohne dass ihr Nachlässigkeit anzulasten wäre, nicht bereits in erster Instanz vorgebracht wurde.

7. Ein Anspruch der Klägerin auf Vergütung der Nachträge, insbesondere der Nachträge Nr. 14, 15 und 16 ergibt sich auch nicht aus § 2 Nr. 8 Abs. 2 Satz 1 VOB/B.Eine nachträgliche Genehmigung ist nicht ausdrücklich erfolgt, und es gibt - wie oben ausgeführt - keinen Tatbestand, aus dem eine stillschweigende Genehmigung herzuleiten wäre.

8. Ebenso wenig sind die Voraussetzungen für einen Anspruch der Klägerin aus § 2 Nr. 8 Abs. 2 Satz 2 VOB/B hinreichend dargetan.

a) Das Landgericht hat, nachdem eine vergleichsweise Regelung u.a. an der Frage der Höhe der einer von der Klägerin noch zu stellenden Gewährleistungsbürgschaft gescheitert war (vgl. Schriftsatz der Klägerin vom 04.05.2007, Bl. 164 d.A.) in der mündlichen Verhandlung vom 17.08.2007 (Bl. 191 d.A.) u.a. für die Klägerin den Hinweis gegeben, dass bezüglich der Nachträge der Vertragsschluss nachzuweisen und "ggf. auch die Berechtigung" vorzutragen seien. Dem genügt der Vortrag der Klägerin nicht. Sie hat sich in ihrem Schriftsatz vom 15.11.2007, S. 6 (Bl. 241 d.A.), darauf beschränkt, zu behaupten, "in allen diesen Fällen handelt es sich um Leistungen, die notwendig im Sinne des § 2 Nr. 8 Abs. 2 VOB/B" gewesen seien. Ein solcher pauschaler Vortrag für alle Nachträge mit sehr unterschiedlichem Inhalt ist völlig unsubstantiiert. Bei ihrer sich anschließenden Auflistung der "Nachträge im Einzelnen" auf S. 7 ff des Schriftsatzes beschränkt sie sich bei sämtlichen Nachträgen jeweils auf die formelhafte Angabe, der Nachtrag sei "notwendig, da erforderlich im Hinblick auf die vertragsgerechte Erfüllung des Vertrages". Es wird in keiner Weise verdeutlicht, woraus sich dies für die jeweils in den Nachträgen berechneten Arbeiten ergeben soll. Offenbar wurde für den Sachvortrag lediglich der Text der Nachtragsangebote übernommen, ohne dass die Klägerin in der Lage war, eine einzige konkrete Erläuterung zu geben. Mit einem solchen pauschalen Sachvortrag kann ein Gericht nichts anfangen, ein solcher Vortrag ist unsubstantiiert. Nach dem den Zivilprozess beherrschenden Beibringungsgrundsatz - eine Selbstverständlichkeit, auf die angesichts des geradezu stereotyp einheitlichen Vortrags der Klägerin nicht besonders hingewiesen werden musste - hatte die Klägerin Einzelangaben statt der von ihr pauschal behaupteten Notwendigkeit zu liefern. Daran fehlte es, und auch die Berufungsbegründung erschöpft sich auf S. 14 (Bl. 413 d.A.) in der bloßen Behauptung einer "Notwendigkeit", ohne dass sich im folgenden Text hierzu eine Einzelangabe findet; abgesehen davon erscheint es erheblich zweifelhaft, ob angesichts des dezidierten Hinweises des Landgerichts ein etwaiger neuer Sachvortrag in der Berufungsinstanz gem. § 531 Abs. 2 ZPO zuzulassen wäre. Da es an entsprechendem Sachvortrag fehlt, war über die Frage der Notwendigkeit nicht der von der Klägerin angebotene Beweis zu erheben; denn es wäre auch insoweit der klassische, prozessual unzulässige Ausforschungsbeweis, bei dem erst die Zeugen oder der Sachverständige diejenigen Tatsachen in den Prozess einführen, die darzulegen Sache der Partei, also hier der Klägerin gewesen wäre. Ebenso wenig war das Gericht gehalten, selbst die umfangreichen Unterlagen durchzusehen und in einer Art Amtsermittlung Erwägungen dazu anzustellen, was möglicherweise als "notwendig" für den Erfolg des Werkes anzusehen ist.

b) Dass an der genannten Stelle der Berufungsbegründung zu Nachtrag Nr. 14 auf eine "Anordnung" des Herrn B in Anl. K 12 - offenbar der von ihm unterzeichnete Tagelohn-Auftrag Nr. ... - hingewiesen wird, erschließt sich im rechtlichen Zusammenhang nicht; außerdem sind zu diesem Tagelohn-Auftrag - auf S. 4 des Nachtrags unter 5.14.400 bis 5.14.420 - Materialien lediglich im Wert von rund 16 € bei einem Nachtragsvolumen von 5.692,47 € netto aufgeführt..

c) Für den Nachtrag Nr. 9 hat die Klägerin im Anlagen-Ordner zum Schriftsatz vom 15.11.2007 keine Unterlagen vorgelegt; die Anlage K 9 enthält Unterlagen zum Nachtrag Nr. 8, und zwar teilweise andere als die Anlage K 8 für diesen Nachtrag.

9. Zu einem gemäß der Verweisung in § 2 Nr. 8 Abs. 3 VOB/B möglichen Anspruch der Klägerin aus Geschäftsführung ohne Auftrag- entweder als Aufwendungsersatzanspruch bei berechtigter Geschäftsführung aus §§ 677, 683, 670 BGB oder als bloßer Wertersatzanspruch nach § 684 Satz 2 mit den Vorschriften der ungerechtfertigten Bereicherung - findet sich im Sachvortrag erster Instanz nichts. Auch die Berufungsbegründung befasst sich - auf S. 15 (Bl. 414 f d.A.) nur kurz mit §§ 684 S. 1 818 BGB. Auch hier ist der Sachvortrag, dass es sich jedenfalls bei den Nachträgen Nr. 14, 15 und 16 um "notwendige Sowiesokosten" gehandelt habe, die die Beklagte im Wege der Vorteilsausgleichung zu vergüten habe, äußerst pauschal; der Hinweis auf die gemachten Ausführungen zur "Notwendigkeit" dieser Nachträge zur Herbeiführung des Werkerfolgs ist schon deshalb prozessual nicht hilfreich, weil - wie oben dargelegt - der Sachvortrag zur Frage der "Notwendigkeit" völlig unzureichend ist. Auch im Übrigen fehlt es an einer hinreichend differenzierten Darlegung der Voraussetzungen des Anspruchs aus Geschäftsführung ohne Auftrag fehlt es. Weder ist im einzelnen für die Nachtragsleistungen dargetan, dass die Leistungen interessengemäß waren, dass also der Auftraggeber - nämlich der rechtsgeschäftlich verantwortlich Handelnde und nicht etwa der zum Vertragsschluss nicht ermächtigte Bauleiter oder Bauüberwacher - sich tatsächlich in Kenntnis der Umstände mit der Zusatzleistung einverstanden erklärt hätte (vgl. zu diesem rechtlichen Maßstab Kapellmann/Messerschmidt, a.a.O., Rn. 309; Vygen/Janssen, a.a.O., Rn. 2389). Noch ist hinreichend dargetan, inwieweit die Zusatzleistungen dem wirklichen oder mutmaßlichen Willen des Auftraggebers, also hier der Beklagten, entsprachen; der mutmaßliche Wille würde sich danach beurteilen, was der Auftraggeber bei objektiver Betrachtung vernünftigerweise entschieden hätte (Kapellmann/Messerschmidt, a.a.O., Rn. 310).

10. Auf die Stundenlohnarbeiten käme es nach der oben dargelegten Struktur des vorliegenden Rechtsstreits allenfalls insoweit an, als sich ergeben sollte, dass sämtliche Nachträge betragsmäßig in voller Höhe zuzusprechen wären. Der Senat beschränkt sich daher auf folgende Erwägungen:

a) Die geltend gemachten Stundenlohnarbeiten erreichen eine für das Volumen des Gewerks "Sanitär", für welches ein Einheitspreis-Bauvertrag abgeschlossen wurde, eine ungewöhnliche Höhe; immerhin werden 681,5 Obermonteur- und 1.279 Monteurstunden abgerechnet, die also neben den Leistungen aus dem Leistungsverzeichnis des Bauvertrags erbracht wurden. Wie es dazu kam und welche Verfahrensabläufe bei der Beauftragung der Stundenlohnarbeiten erfolgten, liegt erheblich im Dunkeln. Es kann deshalb auch nicht eingeschätzt werden, ob aufgrund eines bestimmten Verhaltens der Beklagten angesichts des erheblichen Umfangs der Stundenlohnarbeiten Anknüpfungspunkte für die Annahme einer Duldungsvollmacht gegeben sind.

b) Zwar sind, wie die Klägerin in der mündlichen Verhandlung nochmals geltend gemacht hat, im Leistungsverzeichnis Stundenlohnarbeiten aufgeführt, allerdings im sehr geringen Umfang von 10 Stunden. Daraus kann nicht hergeleitet werden, dass Stundenlohnarbeiten in dem nunmehr aufgeführten Umfang bereits Vertragsinhalt geworden wären, zumal wenn - wie hier - im Vertrag besondere Voraussetzungen für die Geltendmachung von Stundenlohnarbeiten vorgesehen waren; der Bauvertrag nach Einheitspreisen, wie er hier zugrunde liegt, schließt seiner Rechtsnatur nach zusätzliche Stundenlohnarbeiten grundsätzlich aus.

c) Inwiefern die Stundenlohnarbeiten - in Übereinstimmung mit Ziff. 15 der Vertragsbedingungen - "ausdrücklich vom Auftraggeber angeordnet wurden", wird nicht näher dargelegt, insbesondere erfolgt dies nicht auf die jeweiligen Stundenlohn-Zettel bezogen.

d) Inwiefern die Arbeiten in Beachtung des § 15 Nr. 3 VOB/B - so die Klägerin auf S. 3 ihres Schriftsatzes vom 15.11.2007 (Bl. 239 d.A.) - "stets vor Beginn der Arbeiten angekündigt" wurden, wird nicht konkret ausgeführt, sondern dadurch relativiert, dass dies "teils schon mit dem Angebot der Klägerin und teils direkt gegenüber der Beklagten bzw. ihrer Erfüllungsgehilfin" geschehen sei.

e) Andererseits sind die Stundenlohn-Zettel bis auf zwei Ausnahmen jeweils abgezeichnet, so dass die Beklagte darlegen und beweisen müsste, dass diese Arbeiten trotz der Abzeichnung nicht erbracht wurden. Allerdings ist ihr unbenommen, wie dies auf S. 5 ihres Schriftsatzes vom 14.12.2007 geschehen ist, geltend zu machen, dass sich anhand der vorliegenden Unterlagen nicht oder jedenfalls nicht durchweg abgrenzen lasse, inwiefern es sich nicht um Arbeiten handelt, die bereits im Leistungsverzeichnis enthalten waren. Hierzu müsste die Klägerin vortragen; das Gericht hat auch hier nicht im Wege einer Art Amtsermittlung zu mutmaßen, in welchem Umfang die Arbeiten nicht im Leistungsverzeichnis enthalten sind.

11. Der Senat sieht aber unter Berücksichtigung des gesamten Streitstoffs schon eine hinreichende Handhabe für eine Schätzung (§ 287 ZPO) dessen, was der Klägerin als Mindestbetrag für die in Streit befindlichen Nachträge und Stundenlohnabrechnungen jedenfalls auf der Grundlage einer Geschäftsführung ohne Auftrag zustehen könnte. Dabei legt der Senat zugrunde, dass auch bei einem Aufwendungsersatz im Rahmen der Geschäftsführung ohne Auftrag gem. § 670 BGB derjenige Wert zugrunde zu legen ist, den der Auftragnehmer den Umständen nach für erforderlich halten durfte, dass also auch insoweit die Vergütung auf der Basis der Auftragskalkulation fortgeschrieben wird, wie dies in § 2 Nr. 8 Abs. 2 VOB/B ausdrücklich geregelt ist (Kapellmann/Messerschmidt, a.a.O., Rn. 312).

a) Grundlage einer solchen Schätzung ist hier die Erwägung, dass bei einem Bauvorhaben im Umfang des hier streitgegenständlichen Gewerks typischerweise Nachträge anfallen, weil einzelne, sich während des Baufortschritts ergebende Besonderheiten auch bei sorgfältiger Ausschreibung nicht vorhersehbar sind. Außerdem sind die Nachträge bei der sachlichen Überprüfung durch die A nicht beanstandet worden, zumal die Klägerin mit den Nachtragsangeboten ihre Kalkulationsgrundlagen offengelegt hat. Darüber hinaus fällt bei zahlreichen der Stundenlohnzettel, bei denen die dort aufgeführte Anzahl der Arbeitsstunden als erbracht abgezeichnet ist, auf, dass sie Arbeiten wie "Stemmarbeiten" oder "Abbrucharbeiten" oder "Demontage" nennen, also Arbeiten, die typischerweise nicht in einem Leistungsverzeichnis für ein Gewerk "Sanitär" enthalten sind. Diese Gegebenheiten bei Nachträgen und Stundenlohnarbeiten bieten üblicherweise in einem typischen Bauprozess um die Berechtigung dieser Nachträge und zusätzlichen Stundenlohnarbeiten, wie er hier vorliegt, eine Handhabe für beide Vertragsparteien, zu einer vergleichsweisen Regelung zu gelangen. Eine solche ist hier trotz eines entsprechenden Angebots der Beklagten bedauerlicherweise nicht zustande gekommen, weil der hier zu schließende Vergleich von der Klägerin sachfremd mit Fragen eines etwaigen Regresses der Klägerin gegen ihren Prozessbevollmächtigten überlagert wurde, obwohl diese Frage vor der mehrfach verschobenen mündlichen Verhandlung aufgrund des sehr ausführlichen Hinweisbeschlusses des Senats vom 02.04.2009 hätte geklärt werden können. Dies alles sind Besonderheiten des vorliegenden Rechtsstreits; aus der deswegen in Aussicht genommenen Schätzung durch den Senat ist nicht herzuleiten, dass auf diese Weise ein unzulängliches Nachtragsmanagement und ein unzulänglicher, unsubstantiierter Sachvortrag der Klägerin als der Auftragnehmerin des Bauvertrags ohne Folgen bliebe oder die Möglichkeit einer solchen Schätzung auf andere Bauvertragsstreitigkeiten übertragbar wäre.

b) Naturgemäß muss eine solche Schätzung des Mindestbetrages deutlich unter dem Betrag der geltend gemachten Vergütung für Zusatzleistungen bleiben. Der Senat geht hierbei von folgenden Erwägungen aus:

Die von der Beklagten in Streit gestellten Positionen der Schlussrechnung, nämlich die Nachträge mit - nach Klagerücknahme von der Klägerin zugrunde gelegten - 66.109,43 € und die Stundenlohnarbeiten (Pos. 3.19.10 und 3.19.20) mit 80.412,28 € machen ein Gesamtvolumen von 146.521,71 € aus. Der Senat hält es für angemessen, für einen Mindestbetrag dieses Volumen um 12,5% zu kürzen. Der Senat verkennt nicht, dass ein solcher Anteil starke Elemente eines "gegriffenen" Wertes in sich birgt und auf andere Sachverhalte oder Gewerke nicht ohne Weiteres übertragbar ist. Andererseits erschiene dem Senat im Hinblick auf die zahlreichen, nach dem unzulänglichen Sachvortrag der Klägerin verbleibenden Unsicherheiten bezüglich des Umfangs des Anspruchs ein darunter liegender Wert der Abschlags etwa in Höhe von lediglich 10% - mit der Folge eines höher anzusetzenden Schätzwerts - nicht sachangemessen.

Daraus ergibt sich folgende Berechnung: 12,5% von 146.521,71 € sind 18.315,21 €. Bei einem solchen Abschlag beläuft sich die Höhe der Schlussrechnung auf 606.342,95 € brutto. Da bereits 600.404,95 € brutto im Wege des Abschlags gezahlt sind, errechnet sich der noch offene Betrag auf 5.938 €; zu diesem war die Beklagte in der Hauptforderung zu verurteilen.

12. Zinsen auf den ausgeurteilten Betrag kann die Klägerin nicht - wie gefordert - ab 06.06.2005, sondern als Prozesszins gem. § 291 BGB erst am 21.11.2005 verlangen. Ihr Zinsbegehren stützt die Klägerin offenbar auf den Ablauf der zweimonatigen Prüffrist des § 16 Nr. 3 Satz 1 VOB/B, gerechnet vom Datum der Erstellung der Schlussrechnung, zu dem der Rechnungsbetrag fällig wird. Dies ist insofern im Ansatz rechtlich unzutreffend, als die Frist erst mit Zugang zu laufen beginnt. Auf das Bestreiten der Beklagten (S. 3 des Schriftsatzes vom 16.08.2007) hat die Klägerin weder dargelegt noch unter Beweis gestellt, wann die Schlussrechnung zugegangen ist. Abgesehen davon wäre Voraussetzung für eine Verzinsungspflicht, dass die Klägerin die Beklagte gem. § 16 Nr. 5 Abs. 3 VOB/B in Verzug gesetzt hätte. Hierzu ist ebenfalls nichts vorgetragen. Der Prozesszins gem. § 291 BGB würde mit Rechtshängigkeit der geltend gemachten Forderung zu laufen beginnen, hier mit Zustellung des Mahnbescheids an die Beklagte am 19.08.2005. Dies gilt jedoch gem. § 291 Satz 1, 2. Halbs. BGB nicht, wenn die Schuld erst später fällig wird. Da von der Klägerin nicht vorgetragen ist, wann die Schlussrechnung bei der Beklagten zugegangen ist, ist auch nicht rechnerisch feststellbar, wann nach Ablauf der Zwei-Monats-Frist des § 16 Nr. 3 Abs. 1 VOB/B Fälligkeit eingetreten ist. Allerdings ergibt sich immerhin ein Anhaltspunkt aus dem vorprozessualen Schreiben der damaligen Bevollmächtigten der Beklagten vom 21.11.2005 (Anl. B 10, Bl. 128 d.A.), wonach zu diesem Zeitpunkt die "beiden Forderungen" - d.h. die hier streitgegenständliche aus der Schlussrechnung für das Gewerk Sanitär und diejenige aus dem Gewerk Heizung - fällig seien. Es war daher mangels Darlegung von Seiten der Klägerin für Anhaltspunkte eines früheren Eintritts der Fälligkeit auf dieses Datum abzustellen.

B. Auf die Berufung der Streithelferin der Beklagten gegen das Ergänzungsurteil war die Klägerin zur Kostentragung auch der außergerichtlichen Kosten 1. Instanz der Streithelferin zu verurteilen, soweit die Klägerin unterlegen ist (§ 101 Abs. 1 ZPO). Eine solche Kostentragungspflicht besteht allenfalls ausnahmsweise nicht, wenn der Beitritt nach Schluss der mündlichen Verhandlung offenbar nur deshalb erfolgt, um eine Kostenerstattung zu erreichen, und sich deshalb als rechtsmissbräuchlich darstellt. Diese Voraussetzung hat das Landgericht im Ergänzungsurteil zu Unrecht bejaht. Dem Vorwurf des Rechtsmissbrauchs durch das Landgericht steht entgegen, dass nach dem vorangehenden Procedere des Landgerichts für die Streithelferin nicht absehbar war, dass die mündliche Verhandlung vom 17.08.2007 den Schluss der mündlichen Verhandlung markieren sollte. Denn das Landgericht hat in dieser mündlichen Verhandlung in prozessual unzulässiger Weise beiden Seiten einen zeitlich aufeinanderfolgenden "Schriftsatznachlass" eingeräumt, ohne - was bei einer solchen Verfahrensweise geboten gewesen wäre - in das schriftliche Verfahren überzugehen. Immerhin ist der Schriftsatz der Streithelferin über den Beitritt aufgrund der Streitverkündung, welche erst mit Schriftsatz vom 09.11.2007 erfolgte, bereits am 05.12.2007 eingegangen, während die Frist für den der Beklagten "nachgelassenen" Schriftsatz zur Erwiderung auf den der Klägerin nachgelassenen Schriftsatz noch bis 14.12.2007 lief.

C. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 92, 101 Abs. 1 ZPO. Sie hatte für die 1. Instanz zu berücksichtigen, dass die Klage zunächst im Umfang von 29.056 € erhoben war, diese aber vor der mündlichen Verhandlung teilweise, nämlich im Umfang von 4.808 € zurückgenommen wurde, so dass die Terminsgebühr mit dem niedrigeren Streitwert abzurechnen ist. Ebenso war die Quote der der Streithelferin zu erstattenden außergerichtlichen Kosten an dem niedrigeren Klagebetrag zu orientieren, da die Streithelferin erst in das Verfahren einbezogen wurde, als die Klage schon teilweise zurückgenommen war. Die Kostenverteilung für den Berufungsrechtszug hatte zu berücksichtigen, dass die Streithelferin der Beklagten mit einer eigenen Berufung, welche sich sachlich nur auf das Verhältnis zwischen ihr und der Klägerin bezog, beteiligt war.

D. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

E. Die Zulassung der Revision ist nicht veranlasst. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung; auch zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung ist eine Entscheidung des Revisionsgerichts nicht erforderlich (§ 543 Abs. 2 ZPO).

Ende der Entscheidung

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